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Britta Donnerbauer, Ruth Krementz & Anon.


Duke Nukem 3D


Abstract: Duke Nukem 3D gilt als eines der brutalsten unter den Computerspielen. Eine wissenschaftliche Aus-einandersetzung mit der Faszinationskraft dieses Ballerspiels gibt es erst seit wenigen Jahren. Drei Frauen observieren den Alienvernichter Duke während eines seiner zahllosen Einsätze in seinem medialen Umfeld. Ob es diesmal gelang, mit Duke die Welt zu retten?



1. "Duke Nukem - Reality is our Game"

Computerspiele werden in den Medien immer wieder verteufelt: "Computer-sucht. Die Droge des 21. Jahrhunderts", "Blut und Spiele", "Monster, Macht und Mordmaschinen". Die Medienwissenschaft wagt sich nur zögerlich in die schöne neue Welt der Computerspiele. Doch drei Frauen zogen aus, in der Welt von Duke Nukem 3D das Fürchten zu lernen! Werden sie der grausamen Welt des Alienvernichters gewachsen sein? Werden sie noch fähig sein, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden, oder wird die Realität zum Spiel, wie es der Slogan von 3D Realms "Reality is our Game" verspricht? Trotz des Überangebotes an Ballerspielen fiel die Entscheidung für Duke Nukem 3D leicht: Inhaltlich ist es brutaler als alles bisher Dagewesene. Seine graphische Gestaltung übertrifft bei weitem die des Vorläufers Doom, dessen Inhalt in den Medien viel diskutiert und immer wieder als abschreckendes Beispiel für Computerspiele genannt wurde. Erste Ergebnisse dieses nachtschlafverzehrenden Selbstversuches liegen jetzt vor.

2. Duke Nukem - Die Show beginnt!

Durch Ankündigungen in den Spielzeitschriften oder Shareware-Ver-sionen konzentrierten wir uns bei Duke Nukem 3D zunächst auf inhaltliche Aspekte (Wieviel Blut fließt? Welche neuartigen Waffen stehen dem Helden zur Verfügung? etc.), und wir schauten auf die Graphik (Gelingt es, die versprochene Dreidimensionalität zu erzeugen?).

Blut floß in Strömen, kreischende Monster mit weit aufgerissenen Mäulern lauerten hinterhältig hinter Müllcontainern und versuchten, uns vorzeitig ins Jenseits zu befördern. Aber:. Kein Problem für Duke! Sein reiches Waffenarsenal kam jedem dieser schnöden Attacken zuvor. Unsere Möglichkeiten waren grenzenlos: Einmal hatten wir die klassische Art des Maschinengewehrs, deren Kugelstreuung besonders anfänger-freundlich ist (man trifft auf jeden Fall!), eine Pump-gun riß kratertiefe Löcher in die Leiber unserer Gegner. Dann gab es noch noch den "netten" Freezethrower, durch den die Monster kurzerhand schockgefroren und durch einen Fußtritt zersplittert werden konnten.

Wie beginnt dieses Spiel? Nachdem wir die Hürden der Installation gemeistert haben, kündigt der Titel in Großbuchstaben das eigentliche Spiel an. Es folgt wie bei einem Kinofilm der Name der Produktionsfirma. Gleich danach deutet das Atomsymbol ("nukem" als Abkürzung für "nuke them" - "jemanden auslöschen") spannungssteigernd die Gefährlichkeit der Waffen und der gesamten Situation an. Dann taucht zum ersten Mal ein Bild des mit Spannung erwarteten Protagonisten Duke ("Il Duce!") auf. Unser muskelbepackter Pixelprotz ist weiß, männlich und blond. Er wirkt entschlossen, hält eine Schnellfeuerwaffe in der Hand und trägt einen Patronengürtel. "Duke is King" - das vermittelt die uns aufgezwungene Blickrichtung von unten nach oben. Assoziationen zu diversen Actionfilmen werden geweckt. Besonders an den Terminator von Schwarzenegger fühlen wir uns beim Anblick der Hauptfigur erinnert. Dann bieten uns kurze Spielausschnitte einen Vorgeschmack auf das Kommende und demonstrieren die verschiedenen Waffensysteme und Spielebenen. Das zeitaufwendige Lesen eines Handbuchs bleibt (zum Glück!) so erspart.

Während das Spiel komplett geladen wird, sehen wir noch einmal (!) das Atomsymbol und werden aufgefordert, zwischen den Spielsituationen, wie "Hollywood Holocaust", und den verschiedenen Schwierigkeitsgraden zu wählen. Obwohl es uns in den Fingern juckte, den Level "Damm I'm good" auszuprobieren, entschieden wir uns zunächst für den popeligen Anfängermodus "Piece of cake". Sobald der Schwierigkeitsgrad aus-gewählt wurde, ist die Animationssequenz zu Ende und das Spiel beginnt.

Unsere Mission ist denkbar einfach: Außerirdische haben die ganze Welt besetzt, und der von uns verkörperte Held muß (wieder einmal!) die Erde und die Menschheit retten. Duke hat schon einmal vor langer Zeit die Erde von den Aliens befreit und erhält deshalb wieder den gleichen Auftrag. Daraufhin springt Duke mit einem Fallschirm von seinem Flugzeug ab. Gerne hätten wir auch andere Heldinnen oder Helden als Dritte zur Wahl gehabt. Wieso nicht mal eine Frau als Held, die auch Frauen dieses Spiel zum Genuß werden läßt? Dukes Einsatz beginnt auf dem Dach eines Hochhauses in Downtown L. A. Zunächst ist er nur mit einer Pistole, wenig Munition und seiner 100% Gesundheit ausgestattet. Im Laufe des Spiels muß Duke, um ins nächste Level und zu noch gefährlicheren Monstern zu gelangen, Schlüsselkarten sammeln - eine Beschäftigung, die wohl von der Blutrünstigkeit des Spieles ablenken soll.

Aber - wie im richtigen Leben (?) - kreuzen Außerirdische seinen Weg und versuchen - wie unfair -, ihn von seinem Weg abzuhalten. Dabei wird jetzt klar, was Duke Nukem 3D so attraktiv macht, denn wer einmal die realistischen Schmerzens- und Todesschreie der Gegner gehört hat, den zieht das Spiel wohl unweigerlich in seinen Bann. Da auch unser Held nur ein "Mensch" ist, benötigt er immer wieder neue, in Räumen versteckte Waffen, Munition und Lebensenergie, um erfolgreich gegen die zahlreichen Monster zu bestehen.

Immer auf der Suche nach den sich immer wieder wundersam vermehrenden Monstern bewegen wir uns durch leere Kinosäle, Lüftungsschächte, selbst in den Toilettenräumen muß man die grausame Bestie vermuten. Und ab und zu begegnen uns auch noch mundtote, weibliche Sexobjekte (Pin-Ups, Nachtclubtänzerinnen), die den Hintergrund beleben.

Das Szenario in "Hollywood Holocaust" wirkt apokalyptisch. Alle Häuser sind in grauen Farbtönen gehalten. Das ergibt einen hervorragenden Hintergrund für die Rottöne der Blut-spuren und die grell farbig gezeichneten Pin-Ups. Die Schwarz-Weiß-Malerei - und damit die Trennung von Gut und Böse - wird durch die Monster, die in tristen, schmutzigen Farben dargestellt sind, weitergeführt, während der Held ein farbenfrohes Outfit trägt. Die Endzeitstimmung wird unterstrichen durch Erdbeben, bren-nende Gegenstände, menschenleere Räume und das Gröhlen der Monster. Die Gegend weist typisch amerikanische Züge auf (z.B. No-Parking-Schilder).

Die Handlung hat ein einziges Motiv, und das heißt: Kill them!. Konfliktlösung findet durch Gewalt statt. Dies zeigt sich auch am Beispiel der im Spiel vorkommenden Frauen. Da sie von Aliens ohne Aussicht auf Rettung infiziert sind, kann unser Held die armen Opfer nur durch Gewalt in Form von Tötung retten. Im Gegensatz zu den toten Monstern bleibt nach ihrem Tod kein blutbefleckter Leichnam übrig, sondern sie lösen sich - wie praktisch! - in Nichts auf.

Im weiteren Spielverlauf sind es dann noch mehr Monster, noch mehr Blut, noch mehr tote Frauen und ein rastloser Duke, immer auf der Suche nach weiteren Heldentaten. Anzumerken bleibt noch, daß bei uns selbst letztlich die Aliens dann doch die Oberhand behielten: Ein längeres Heldenleben war uns leider nicht vergönnt!



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